Ich hatte die Tage schonmal darüber geschrieben. Totales S-Bahn Chaos in Berlin.
Wie heute die Bildzeitung Berlin, die Süddeutsche und die Berliner Zeitung berichten, werden ab Montag statt der normalen 550 S-Bahnen in Berlin nur noch 165 fahren.
Der Rest wurde vom Eisenbahnbundesamt (EBA) stillgelegt.
Das EBA ist eine Art übergeordneter TüV.
Was aber die Zeitungen geflissentlich verschweigen, dass das EBA im Mai auf den Plan trat, als ein Rad einer S-Bahn in Berlin brach und der Zug entgleiste. Es gab keine Verletzten, es hätte aber durchaus Tote geben können.
Im Laufe der Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Berliner S-Bahn GmbH ihre Fahrzeuge einfach nicht mehr gewartet hat, um Kosten zu sparen.
Gleichzeitig wurden eine ganze Reihe Instandhaltungswerkstätten geschlossen und mehrere hundert Beschäftigte entlassen, die für Wartungsarbeiten eingestellt waren.
Die Anordnung, dermassen auf die Kostenbremse zu treten, so weiss man mittlerweile, kam direkt aus dem Mutterkonzern Deutsche Bahn. Es existiert eine schriftliche Anordnung, die Wartungsintervalle zu verlängern.
Nachdem das EBA aufgrund des Unfalles die Berliner S-Bahn GmbH aufgefordert hat, alle Züge zu untersuchen, ob es möglicherweise zu weiteren ähnlichen Unfällen kommen könnte, war die Berliner S-Bahn GmbH nicht mehr in der Lage, diese Untersuchungen durchzuführen. Einfach, weil sie fast alle qualifizierten Mitarbeiter entlassen hatte.
Also hat die Berliner S-Bahn GmbH ein Prüfprotokoll beim EBA vorgelegt, welches bescheinigte, dass alle Prüfungen durchgeführt wurden. Aber es wurde nichts durchgeführt!
Danach wurde das EBA, verständlicherweise, sauer und sie haben aus Gründen der Sicherheit der Fahrgäste die ersten Züge stillgeleg. Im Wege weiterer Nachforschungen kam ans Licht, dass noch viel mehr im argen liegt und sie haben mehr Züge stillgelegt.
Nun wird der kommende Montag als der Schwarze Montag in die Geschichte eingehen. Hunderttausende Berliner werden zu spät zur Arbeit kommen.
Berlin braucht dringend das Bahnnetz, um täglich über 1,5 Millionen Personen befördern zu können. Das lässt sich auf der Strasse schlichtweg nicht mehr bewerkstelligen.
Dummerweise können auf vielen S-Bahn Strecken in Berlin keine normalen E-Züge fahren, weil die Berliner S-Bahn nicht durch die Oberleitung mit 15.000 Volt gespeist wird sondern über eine Stromschiene mit 700 Volt Gleichstrom.
Mittlerweileschaut das EBA bei der Deutschen Bahn ganz genau nach. Aktuell werden 100.000 Güterwaggons einer Untersuchung unterzogen.
Ich schätze, da wird noch viel mehr ans Tageslicht kommen.
Was mich aber wütend macht:
Die Berliner S-Bahn GmbH und sicher auch die Deutsche Bahn haben ganz klar einen Betrug begangen, indem sie Prüfprotokolle gefälscht haben und somit fahrlässig oder sogar vorsätzlich die Gesundheit und das Leben ihrer Fahrgäste aufs Spiel gesetzt haben. Von einer Forderung nach einer Strafanzeige habe ich noch aus keiner Richtung ein Wort gehört. Lediglich alle 3 Geschäftsführer der Berliner S-Bahn GmbH wurden gefeuert.
Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft.
Was mich noch wütend macht, ist, dass ich nachfragen liess, wie es um den Einsatz von Diesel-Loks mit entsprechenden Zugkompositionen steht. Nicht alle S-Bahn Strecken sind mit einer Oberleitung und 15.000 Volt ausgestattet. Aber mit Dieselloks könnte man da schon richtig gut was reissen.
Dieser Vorschlag wurde von der Bahn abgelehnt mit der Begründung, man habe alles im Griff.
Man habe alles im Griff…..
Und das liest sich heute in einer Pressemitteilung des Fahrgastverbandes IGEB so:
Der Fahrgastverband IGEB fürchtet, dass das S-Bahn-Konzept sich als in großen Teilen nicht praxistauglich erweist. Den Fahrgästen wird suggeriert „meine Linie fährt“, aber die kurzen Züge im 20-Minuten-Takt werden zumindest im Berufsverkehr einen erheblichen Teil der Fahrgäste nicht mitnehmen können. Zugleich wird der Fahrplan durch den Andrang zusammenbrechen, weil die fahrplanmäßigen Fahrzeiten nicht eingehalten werden können. Besonders schnell droht das im Nord-Süd-Tunnel über Friedrichstraße (S 1 und S 2).
Deshalb ist es äußerst wichtig, alle Fahrgäste zu bitten: Wenn Sie Ausweichmöglichkeiten haben, dann meiden Sie ab Montag die S-Bahn. Auch bei einer Umwegfahrt werden Sie am Ende schneller am Ziel sein, weil viele S-Bahn-Züge überfüllt und verspätet sein werden.
Eine weitere Bitte geht an alle Fahrradfahrer: Verzichten Sie ab Montag vorübergehend auf die Fahrradmitnahme, nicht nur in der S-Bahn, sondern auch in den Regionalzügen sowie bei U-Bahn und Straßenbahn.
Dramatisch könnte die Situation für Menschen im Rollstuhl werden. Deshalb muss es für Sie ein Ausweichangebot mit Rufbus und Taxi auf Kosten der S-Bahn GmbH geben.
Das Angebot von sieben Regionalzügen auf der Stadtbahn als S-Bahn-Ersatz zwischen Zoo und Ostbahnhof wird nicht reichen und zum Zusammenbruch des Regionalverkehrs führen mit Auswirkungen in das gesamte Land Brandenburg und auf den Fernverkehr.